Ombudsmann, Verjährung und die Rückforderung von Bearbeitungsgebühren


Mit Ablauf des 31.12.2014 verjähren – etwas pauschal gesagt – alle Rückforderungsansprüche von vor 2012. Es werden womöglich Ansprüche von  Darlehensnehmern in Milliardenhöhe sein. Besonders im Bereich der gewerblich genutzten Kredite und Darlehen ist die Rückforderung kein solches Massengeschäft, wie bei Verbraucherkrediten. Allerdings sind die Kreditsummen oft sehr hoch und die Kreditinstitute haben sich durchaus üppig bei den Bearbeitungsgebühren bedient.

Höchstrichterliche Rechtsprechung ist allerdings (noch) nicht vorhanden, obwohl die bislang vorliegenden untergerichtlichen Urteile (z.B. hier und hier) sehr ordentlich und nachvollziehbar im Sinne der BGH-Rechtsprechung zu Verbraucherkrediten begründet sind.

Es mag Gründe geben, warum Unternehmer nicht so leicht auf ihre Bank losgehen und Ansprüche stellen. Sei es eine mehr oder minder starke Abhängigkeit von der Zusammenarbeit mit der Hausbank, eine fehlende Rechtsschutzversicherung und die Scheu davor, einen langen Prozess selbst finanzieren zu müssen. Diese Überlegungen müssen auf jeden Fall dann nicht mehr angestellt werden, wenn potentielle Forderungen am 1.1.2015 verjährt sind.

Deshalb wollen wir uns noch einmal kurz vor knapp anschauen, wie die Verjährung von Ansprüchen gehemmt werden kann und was dabei zu beachten ist.

Die Hemmung der Verjährung ist in § 204 BGB geregelt.

1. Verjährungshemmung durch Klageerhebung  (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB i.V.m. § 167 ZPO)

Das ist wohl der juristisch deutlichste Weg zur Verjährungshemmung. Bei der komplexen Materie geht das aber nicht ohne Anwalt. Angesichts der wenigen Tage, die noch verbleiben, muss man aber erst einmal einen Anwalt finden, der noch Kapazitäten frei hat. Ohne top-aufbereitete Unterlagen und den eigenen klaren Handlungswillen, wird da wohl nichts mehr gehen. Die Zeit für Zweifler und Grübler ist jetzt sowieso vorbei.

2. Verjährungshemmung durch Mahnbescheid (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB i.V.m. § 167 ZPO)

Anwaltskollege Jens Ferner hat zurecht darauf hingewiesen, dass die Einreichung eines Mahnbescheids bis zum 31.12.2014 zwar ein probates Mittel ist, um die Verfahrung zu hemmen, jedoch kommt es neben des Erfordernisses, den Mahnbescheid grundsätzlich richtig auszufüllen und das Verfahren zu betreiben (z.B. richtiger Beklagter, Kostenvorschuss rechtzeitig zahlen) darauf an, dass die geltend gemachte Forderung hinreichend genau beschreiben und konkretisiert wird. Nur wenn die Forderung anhand der Angaben im Mahnbescheid für den Gläubiger identifizierbar ist, tritt auch nach der BGH-Rechtsprechung die verjährungshemmende Wirkung ein.

3. Verjährungshemmung durch den Ombudsmann (§ 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB)

Auf die Möglichkeit, dass neben Klage oder Mahnbescheid auch ein Verfahren bei einer Schlichtungs-, Güte- oder Ombudsmannstelle die Verjährung unterbrochen werden kann, wird im Internet von allen Seiten hingewiesen.

Hierbei ist z.B. davon die Rede, dass man „Beschwerde beim Ombudsmann einlegen“ (hier und hier) oder den „Ombudsmann einschalten“ oder „anrufen“ soll (hier, hier, hier, hier und hier).

Das hört sich alles einfach an, allerdings finden sich selbst auf profunden Ratgeberseiten kaum eindeutige Hinweise auf die Rechtsgrundlagen und die konkreten Fallstricke .

Deshalb stellt sich in der Tat die Frage, wie muss man denn den Ombudsmann (ja, welchen denn?) anrufen oder einschalten, damit die Verjährung gehemmt wird?

Schauen wir uns einmal die gesetzliche Regelung in § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB an, die zusammengezogen so lautet:

„Die Verjährung wird gehemmt durch die Veranlassung der Bekanntgabe des Güteantrags, der bei einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle oder, wenn die Parteien den Einigungsversuch einvernehmlich unternehmen, bei einer sonstigen Gütestelle, die Streitbeilegungen betreibt, eingereicht ist; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.“

Die Verjährung wird also „durch die Veranlassung der Bekanntgabe des Güteantrags“ gehemmt. Diese Bekanntgabe erfolgt dabei gegenüber dem Kreditinstitut. Verjährungs-hemmende Handlung ist dabei die Veranlassung der Bekanntgabe, also die Verfügung des Ombudsmann, das Kreditinstitut nun über die Beschwerde zu informieren.

Was gilt bei Überlastung des Ombudsmanns wegen einer Vielzahl von Beschwerden zum Jahresende?

Dieses Problem hat der Gesetzgeber natürlich erkannt und, wie auch bei Klageerhebung und Mahnbescheidsbeantragung, geregelt:

„[…];wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.“

Deshalb ist es wichtig, dass die Beschwerde den Ombudsmann noch am 31.12.2014 erreicht. Wie die Beschwerde eingereicht werden darf, richtet sich nach der jeweiligen Verfahrensordnung des zuständigen Ombudsmanns.

Erfolgt die „Veranlassung der Bekanntgabe“ einer Beschwerde noch „demnächst“, wenn bis dahin womöglich Monate vergehen?

Der Bundesgerichtshof (Urteil v. 22.9.2009, Az. XI ZR 230/08) hat zu dieser Frage bereits eine Entscheidung getroffen und festgestellt:

„Verzögerungen bei der Bekanntgabe des Güteantrags, die auf einer Arbeitsüberlastung der Gütestelle beruhen, sind dem Antragsteller grundsätzlich nicht zuzurechnen.“

Beachtenswert ist noch, dass der BGH folgendes ausführt:

„Der – den geltend gemachten Anspruch hinreichend genau bezeichnende –  Güteantrag ist durch den Prozessbevollmächtigten der Kläger noch innerhalb der mit Ablauf des 31. Dezember 2004 endenden Verjährungsfrist bei der ÖRA eingereicht worden.“

Voraussetzung für den Eintritt der Verjährungshemmung ist also, dass im Güteantrag bzw. der Beschwerde, der geltend gemachte Anspruch hinreichend genau bezeichnet ist.

Das ist ein großer Teil der Antwort auf die Frage, wie denn ein „Einschalten oder Anrufen des Ombudsmannes“ zu erfolgen hat:

Der geltend gemachte Anspruch muss mit der Beschwerde hinreichend genau bezeichnet werden.

Wann ist ein Anspruch hinreichend genau bezeichnet?

Auch zu dieser Frage existiert Rechtsprechung, die vorwiegend aus dem Bereich der fehlerhaften Kapitalanlageberatung herrührt:

Es muss der zugrunde liegende Lebenssachverhalt dargestellt werden, bei mehreren Pflichtverletzungen sind diese zu bezeichnen, für die Geltendmachung einer Beratungspflichtverletzung muss der Zeitpunkt oder Zeitraum der Beratungsgespräche zumindest eingegrenzt werden und es muss neben der Anlage auch das Zeichnungsdatum benannt werden, es sind Datum, Ort, Inhalt und Umstände der Beratung vorzutragen und der vermeintliche Berater namentlich zu benennen, es ist die bestimmte Bezeichnung der Rechtsfolge anzugeben, was auch eine Bezifferung des Anspruchs voraussetzt (im Einzelnen mit weiteren Nachweisen: RA Malte Beuster: „Kapitalanlagerecht Verjährungshemmung durch Güteanträge – kurzer Prozess?“)

Anwaltskollege Jens Ferner hat in diesem Zusammenhang auch auf zwei Urteile hingewiesen:

1. LG Berlin, Urteil vom 23. Oktober 2013, Az. 10 O 43/13

Das LG Berlin moniert bei dem streitigen Güteantrag folgendes:

„Den danach zu stellenden Anforderungen wird der Güteantrag der Kläger nicht gerecht. Diesem lässt sich nur entnehmen, dass es um Schadensersatzansprüche wegen einer fehlerhafte Anlageberatung beim Erwerb von Anteilen am streitgegenständlichen … Fonds Nr. 31 geht und dass die Kläger ihre Ansprüche auf die unterbliebene Aufklärung über die Risiken und Nachteile der Anlage sowie etwa an den Berater fließender Provisionen stützen. Nicht mitgeteilt wird, wann die Kläger die Anlage gezeichnet haben und in welcher Höhe sie überhaupt einen Anspruch zu haben meinen. Ebenso fehlt es an Angaben dazu, wann die pauschal behauptete Beratung stattgefunden und wer die Kläger beraten haben soll. Der Güteantrag lässt nicht einmal erkennen, ob die Kläger die Beratungsfehler der Beklagten oder deren (welcher?) Rechtsvorgängerin zur Last legen.“

2. OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. Mai 2013, Az. I-6 U 84/12

Das OLG Düsseldorf lehnt die verjährungshemmmende Wirkung eines Güteantrages mit folgender Begründung ab:

„Schon das Landgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass weder in dem anwaltlichen Schreiben noch in dem Güteantrag ein Anspruch wegen fehlerhafter Anlageberatung im Hinblick auf das vermeintliche Anlageziel „Altersvorsorge“ geltend gemacht wurde. Dies wäre aber – anders als die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung meint – erforderlich gewesen, um eine Hemmung der Verjährung zu bewirken.“

Vor diesem Hintergrund kann den Darlehensnehmern nur empfohlen werden, die jeweiligen Verfahrensordnungen genau zu studieren und auch in jeglichem Schlichtungs- oder Ombudsmannverfahren den eigenen Anspruch/die Ansprüche sorgfältig zu beschreiben, die Zusammenhänge mit Zahlen, Daten und Fakten versehen darzulegen sowie wichtige Dokumente beizufügen.

Ein schlichtes „Ich beschwere mich über meine Bank“ wird sicherlich nicht genügen.

Viel Erfolg wünscht Ihnen

Michael Hilpüsch
-Rechtsanwalt –

awoka versicherungsblog
kanzlei@awoka.de
www.awoka.de

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