Das geht uns alle an: Darf man ohne Einwilligung andere Leute fotografieren?


Darf man ohne Einwilligung andere Leute fotografieren?

Fotografierender Minderjähriger

Minderjähriger ohne Einwilligung der Eltern

Gleich zu Beginn der Hinweis, dass zwei Dinge strikt zu unterscheiden sind: nämlich das fotografieren („knipsen“) und die Veröffentlichung und Verbreitung eines Fotos.

Hier geht es ausschließlich um die Frage „Darf ich andere Leute knipsen?“.

Die Frage des „Fotografieren-dürfens“ hat sich zuletzt in den Medien immer wieder mal im Zusammenhang von Fotografien in Schulen oder Kindergärten gestellt, nachdem z.B. in einer Schule das Fotografieren durch Eltern und Dritte gänzlich verboten wurde.

Es gibt aber Anlass diese Frage viel grundlegender zu stellen.

Wenn jemand einen anderen Menschen digital fotografiert und der Abgebildete ist auf dem Foto identifizierbar, dann ist das eine Verabeitung personenbezogener Daten. Es stellt sich deswegen auch die Frage, ob vom Fotografen die Regelungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu beachten sind, der Anwendungsbereich der DSGVO also grundsätzlich eröffnet ist.

In Art. 2 Abs. 2 lit. c) DSGVO (wird oft „Haushaltsausnahme“ genannt) ist folgendes geregelt:

„Diese Verordnung findet keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten […]

c) durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten, […]“

Werden Daten also zu persönlichen oder familiären Tätigkeiten verarbeitet, so findet die DSGVO keine Anwendung.

Sollte man meinen.

Der Thüriger Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationssicherheit, Herr Dr. Lutz Haase, hat sich, wie der Radiosender MDRJump auf seiner Homepage am 2.8.2018 berichtet, in einem Interview wie folgt geäußert:

„Da hat der Europäische Gerichtshof einen Riegel vorgeschoben indem er sagt, privat und familiärer Umkreis bedeutet, dass es im familiären und privaten Umkreis desjenigen der die Fotos macht, passiert. Dieser Kreis ist aber verlassen, wenn der Fotografierende oder Videografierende außerhalb dieses Kreises Aufnahmen macht. Also im öffentlichen Verkehrsraum oder dem Nachbargrundstück. Dann braucht man eine Einwilligung. Auch dann, wenn ich diese Bilder nicht veröffentlichen will.“

MDRJump hatte zuvor, was wohl allgemeine Meinung ist, konstatiert:

„Fest steht: Wer Fotos im privaten Rahmen (Familienfeiern, Grillfeste im Garten oder beim Arbeitseinsatz am Eigenheim) macht und diese auch nicht veröffentlichen will, braucht keine Genehmigung.“

Dann aber festgestellt,

„Anders sieht es aus, wenn auch Nachbarn oder fremde Menschen auf den Fotos sind.“

Diese Feststelllung wurde dann durch den Thüringischen Landesbeauftagten für Datenschutz mit seiner obigen Aussage untermauert. Hier noch mal der Text:

„Da hat der Europäische Gerichtshof einen Riegel vorgeschoben indem er sagt, privat und familiärer Umkreis bedeutet, dass es im familiären und privaten Umkreis desjenigen der die Fotos macht, passiert. Dieser Kreis ist aber verlassen, wenn der Fotografierende oder Videografierende außerhalb dieses Kreises Aufnahmen macht. Also im öffentlichen Verkehrsraum oder dem Nachbargrundstück. Dann braucht man eine Einwilligung. Auch dann, wenn ich diese Bilder nicht veröffentlichen will.“

Nun, man kann dieser Rechtsansicht mit guten Argumenten entgegentreten (hier eine gute Zusammenfassung). Man kann einwenden, dass das Gesetz in Art. 2 Abs. 2 lit. c) DSGVO von persönlichen und familiären „Tätigkeiten“ spricht und die statuierte Ausnahme nicht an einem lokalen Bezug fest macht, z.B. in den eigenen Wohnräumen oder auf dem eigenen Grundstück. Womöglich ist so ein lokaler Bezug auch gar nicht gemeint gewesen denn es kann ja schließlich keinen Unterschied machen, ob ich meine Familie im Wohnzimmer oder im Wald fotografiere.

Oder doch? Es könnte ja just in diesem Moment ein unbekannter Jogger ins Bild huschen. Und darf ich meine Kamera im Garten zum Fotografieren der planschenden Kinder noch so ausrichten, das ihr Blick auch in Richtung des Nachbargrundstücks geht? Was ist, wenn der böse Nachbar gerade, wenn es Klick macht durch die Hecke schaut und sich mal wieder beobachtet fühlt, obwohl ich ihn doch gar nicht knipsen wollte?

Wohlgemerkt, es geht nur um Bilder, die zuhause auf der Festplatte oder als Abzüge im Schrank landen sollen.

Übrigens: Auch ohne die Anwendbarkeit des DSGVO darf man nicht schrankenlos andere Leute fotografieren. Eine deutliche Grenze setzt z.B. § 201a StGB, nach dem es schlicht strafbar ist, andere Menschen in bloßstellenden Situationen zu fotografieren. Außerdem gibt es Rechtsprechung dazu, wann bereits das fotografieren anderer unzulässig ist.

Wie lösen wir das Problemchen?

Tja, auch wenn jetzt eine rege Rechtsdikussion einsetzen mag, wird es bis zur verbindlichen Klärung durch den EuGH wohl viele Jahre dauern. Und ob der Gesetzgeber hier zeitnah eine Klarstellung triftt, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Also werden wir vorerst die Unklarheiten aushalten müssen und, wie es so schön heißt, in besonnener Selbstbehauptung  standhalten. Ich jedenfalls werde das private Fotografieren auch außerhalb meines Wohnzimmers in den bereits vorhandenen rechtlichen Grenzen nicht einstellen. Basta.


 

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