Stiftung Warentest: Rückkehr in die gesetzliche Krankenkasse

Die Stiftung Warentest hat am 23.04.2014 auf www.test.de einen einstündigen Experten-Chat zum Thema „Private Krankenversicherung“ angeboten und das Chat-Protokoll online gestellt.

Unter dem Stichwort „Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung“ wird u.a. die Frage der Paula Sch. beantwortet, die als 51 Jahre alte Selbständige aus Kostengründen wieder in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln möchte.

Die hierzu von Stiftung Warentest gegebene Antwort ist unter zwei Aspekten falsch.

Zunächst wird folgendes geantwortet:

„Da Sie noch keine 55 Jahre alt sind, könnten Sie grundsätzlich noch in die GKV wechseln, wenn Sie sich in der Vergangenheit nicht generell von Ihrer Versicherungspflicht befreien lassen haben (§ 8 SGB V).“

Die Fragestellerin gibt allerdings an, dass sie selbständig sei, weswegen eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 SGB V gar keine Rolle spielt, denn hauptberuflich Selbständige sind nach § 5 Absatz 5 SGB V nicht versicherungspflichtig. Darüber hinaus gilt die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 SGB V auch immer nur für den konkreten Fall, also z.B. für die Dauer des Studiums oder das aktuelle Beschäftigungsverhältnis, nicht jedoch „generell“. Eine generelle Befreiung, etwas im Sinne einer lebenslangen Befreiung, gibt es nicht.

Weiter heißt es dann:

„Allerdings müssen Sie dafür Ihre hauptberuflich selbstständige Erwerbstätigkeit vorübergehend aufgeben und zumindest für zwölf Monate eine versicherungs­pflichtige Beschäftigung als Arbeitnehmerin aufnehmen. Danach könnten Sie sich als Selbstständige freiwillig gesetzlich weiterversichern. Falls Ihr Ehepartner gesetzlich versichert ist, könnten Sie – wenn Ihnen das möglich ist – Ihre Erwerbstätigkeit vorübergehend ganz aufgeben und sich familienversichern lassen. Auch dann wäre nach 12 Monaten eine freiwillige gesetzliche Weiterversicherung als Selbstständige möglich.“

Hier wird die in § 188 Absatz 4 SGB V geregelte und seit 01.08.2013 geltende sog. „obligatorische Anschlussversicherung“ übersehen.

Nach dieser Regelung werden Versicherte, die aus einer Pflichtversicherung oder der Familienversicherung ausscheiden, automatisch als freiwillig Versicherte weiterversichert, wenn sie dem nicht widersprechen.

Die in § 9 SGB V genannten Vorversicherungszeiten von 24 Monaten binnen der letzten 5 Jahre oder unmittelbar vor dem Ausscheiden von zwölf Monaten gelten hierbei in beiden Fällen gerade nicht.

Wenn die Dame also die übrigen Ratschläge beherzigt, könnte sie also durchaus recht zügig Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse werden und müsste nicht zwölf Monate warten.

Die zahlreichen Fragen, die bereits im Vorfeld gestellt wurden, zeigen, dass der Beratungsbedarf immens ist. Deshalb ist es schade, dass die Interessenten zwar angefixt werden, sich dann aber mit zum Teil oberflächlichen und falschen Antworten zufrieden geben müssen. Ein Chat ist dabei auch womöglich das falsche Medium. um die überwiegend sehr komplexe Materie aus dem Sozial-und Privatversicherungsrecht zu behandeln.

Volltarife in Zusatztarife umstellen

Wichtig ist in diesem Zusammenhang noch, dass die Private Krankenversicherung tunlichst nicht so ohne Weiteres gekündigt werden sollte, da die Vollversicherungstarifen oft ohne Gesundheitsprüfung in Zusatztarife umgestellt werden können. Vor allem für Menschen mit gravierenden Vorerkrankungen ist dieser Punkt bedeutsam, da sie mit einem Neuantrag meist keinen Versicherungsschutz mehr bekommen. Die Möglichkeiten einer solchen Umstellung gilt es im Vorfeld mit dem Versicherer abzuklären oder sich hierzu fachkundigen Rat einzuholen.

Ihr,

Michael Hilpüsch
-Rechtsanwalt –

awoka versicherungsblog
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www.awoka.de

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