Haften Versicherungsmakler unbegrenzt?

Im vorigen Beitrag zum Thema „Haftet der Versicherungsmakler ohne Maklervertrag unbegrenzt?“ haben wir festgestellt, dass ein Maklervertrag selbst dann zustande kommt, wenn vor einer Vermittlungstätigkeit gar nichts ausdrücklich zwischen Kunde und Versicherungsmakler besprochen wurde.

Nun müssen wir natürlich noch betrachten, wie der Versicherungsmakler in einer solchen Vertragssituation haftet und vor allem, ob er unbegrenzt haftet.

Haftung setzt grundsätzlich voraus, dass jemand durch eine schuldhafte Pflichtverletzung einen Schaden verursacht und deshalb für den Ausgleich einzustehen hat (vgl. §§ 280ff., 249ff. BGB).

Drei Dinge sind also zunächst erforderlich:

1. Pflichtverletzung
2. Verschulden
3. Schaden

1. Pflichtverletzung

Der BGH hat in seinem „Sachwalter-Urteil“ vom 22.05.1985 postuliert: „Die Pflichten des Versicherungsmaklers gehen weit“. Er sieht den Versicherungsmakler als Vertrauten und Berater des Kunden an, der „von sich aus das Risiko untersucht, das Objekt prüft und den VN als seinen Auftraggeber ständig, unverzüglich und ungefragt über die für ihn wichtigen Zwischen- und Endergebnisse seiner Bemühungen, das aufgegebene Risiko zu platzieren, unterrichten muß“. Dementsprechend werden in der Literatur z.B. folgende Pflichten des Versicherungsmaklers besprochen: Interessenwahrnehmungspflicht, Aufklärungs- und Beratungspflicht, Weisungsfolgepflicht, Auskunfts- und Rechenschaftspflicht, Herausgabe- und Weiterleitungspflicht, Schweigepflicht, Betätigungspflicht, Erkundigungs- und Informationseinholungspflicht (vgl. Matusche-Beckmann, Pflichten und Haftung des Versicherungsmaklers, 1995).

2. Verschulden

Schuldhaft ist fahrlässiges oder vorsätzliches Handeln (§ 276 BGB). Das Gesetz sieht leichteste Fahrlässigkeit als genauso schuldhaft an, wie den Vorsatz oder gar absichtliches Handeln.

3. Schaden

Im deutschen Schadensrecht gilt der Grundsatz der Totalreparation. Das bedeutet, dass der Schuldner unabhängig vom Grad seines Verschuldens, seiner persönlichen Zahlungsfähigkeit oder anderen Gesichtspunkten den gesamten eingetretenen Schaden zu ersetzen hat. Schon ein kleines Versehen, dass zu einem hohen Schaden führt, kann also finanziell ruinöse Folgen nach sich ziehen.

Betrachten wir nun die vorgenannten drei Punkte gerade unter dem Gesichtspunkt der Unbegrenztheit einer Haftung, so kommen wir zu einer beängstigenden Feststellung:

Selbst mit Maklervertrag haftet der Versicherungsmakler unbegrenzt, denn der Pflichtenkreis des Versicherungsmaklers und der Verschuldensmaßstab sind weit und die Summe eines möglichen Schadensersatzbetrages kann unbegrenzt hoch sein.

Wir haben natürlich von Anfang an geahnt, wie die Formulierung im ursprünglichen Beitrag aus “DAS INVESTMENT.COM” – „Fehlt der Maklervertrag völlig, so haftet der tätig gewordene Versicherungsmakler unter Umständen unbegrenzt“ – gemeint gewesen sein dürfte, nämlich dass der Versicherungsmakler beim Fehlen von im Maklervertrag besonders formulierten Vertragsbedingungen womöglich unbegrenzt hafte. Aber gerade die hier in der journalistischen Arbeit an den Tag getretene unpräzise Beschreibung juristischer Sachverhalte ist manchmal  erhellend, um die wahren rechtlichen Zusammenhänge daran abzugrenzen und zu verdeutlichen.

Haben wir nun die Unbegrenztheit und Weite der Pflichten und der Haftung des Versicherungsmaklers trotz Maklervertrages erkannt, nähern wir uns der letzten und alles entscheidenden Frage:

Kann der Versicherungsmakler durch Regelungen in seinem Maklervertrag seine Haftung begrenzen?

Die Antwort darauf, liebe Leserinnen und lieber Leser, finden Sie in Kürze hier im Blog. 🙂

Ihr,

Michael Hilpüsch
-Rechtsanwalt –

awoka versicherungsblog
kanzlei@awoka.de
www.awoka.de

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