Mehrfachagenten müssen Kunden über alle vertretenen Versicherer informieren

Ich möchte kurz auf eine Regelung aus dem Vermittlerecht eingehen, die von den betroffenen Vermittlern und deren Kunden nicht immer wahrgenommen wird.

§ 60 Abs. 2 Satz 2 VVG bestimmt:

„Der Versicherungsvertreter hat außerdem mitzuteilen, für welche Versicherer er seine Tätigkeit ausübt und ob er für diese ausschließlich tätig ist.“

Bedeutung hat diese Bestimmung vor allem für Versicherungsvertreter, die als echte Mehrfachvertreter oder Mehrfachagenten handeln.

Nun gibt es Mehrfachvertreter, die z.B. drei Versicherungen vertreten und an diese agenturvertraglich gebunden sind, denen die Erfüllung der vorgenannten Informationspflicht naturgemäß leicht fällt. Aber gerade große Vertriebe und Srukturvertriebe sind als Mehrfachagenturen organisiert, die über eine Vielzahl von einzelvertraglichen Agenturvereinbarungen verfügen. Auch sie müssen den Kunden vor jedem Abschluss (§ 62 Abs. 1 VVG) über die Gesamtheit der von ihnen vertretenen Versicherer informieren. Das ist bedeutsam, weil der Mehrfachvertreter gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 VVG die Namen der seinem Rat zu Grunde gelegten Versicherer anzugeben hat Der Kunde kann dadurch einerseits erkennen, welche Versicherer der Mehrfachvertreter seinem Rat zugrunde legen kann, andererseits sieht er, welche Versicherer tatsächlich ausgewählt wurden. Er kann dann z.B. entscheiden, ob er auf dieser Grundlage abschließen oder einen anderen Vermittler mit einem weiteren Anbieterrahmen in Anspruch nehmen will (vgl. Prölls/Martin § 60 VVG RN 20).

Die Verletzung dieser Informationspflicht kann nach § 63 Satz 1 VVG Schadensersatzpflichten auslösen. Läßt der Mehrfachvertreter z.B. Versicherer für seinen Rat außer Acht, ohne den Kunden hierüber zu informieren und tritt darauf hin eine Deckungslücke auf, kann er im Sinne einer Quasi-Deckung für einen eingetretenen Schaden haften müssen; beharrliche Verstöße könnten auch aufsichtrechtlich geahndet werden.

Diese Folgen kann der Mehrfachvertreter vermeiden, wenn der Kunde nach § 60 Abs. 3 VVG auf die Information über die Marktgrundlage und die vertretenen Versicherer verzichtet. Das Gesetz schreibt hierzu die Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB vor, es ist also eine eigenhändige Unterschrift des Kunden erforderlich. Zudem muss der Verzicht auf einem eigenen Dokument erfolgen, die Aufnahme in Antragsformulare oder sonstige Schriftstücke bewirkt die Nichtigkeit des Verzichts (§ 125 Satz 1 BGB).

Kunden sollten sich aber gut überlegen, ob sie bei einem Mehrfachvertreter – und natürlich generell bei einem Vermittler – in guten Händen sind, der sich laufend von seinen Informationspflichten vom Kunden freizeichnen lässt. Transparenz sieht nämlich anders aus.

Ihr,

Michael Hilpüsch
-Rechtsanwalt –

72762 Reutlingen
Tübinger Str. 77
Tel 07121-1391640
Fax 07121-1391640

kanzlei@awoka.de
blog.awoka.de

Dieser Beitrag wurde unter Alle Beiträge, Versicherungsrecht allgemein, Versicherungsvermittler veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.