Bearbeitungsgebühren für Gewerbekredite – Landgericht Itzehoe, Urteil vom 16.2.2014 – Az. 7 O 66/13


LG Itzehoe, Urt. v. 16.2.2014,  7 O 66/13

Zur Wirksamkeit von Bearbeitungsgebühren für Gewerbekredite.

Das Landgericht Itzehoe hat ebenfalls entschieden, dass auch bei Gewerbekrediten erhobene Bearbeitungsgebühren zurückgefordert werden können. Das entsprechende Urteil habe ich mit den einschlägigen Passagen veröffentlicht.

Auswahl des Leitsatzes und Hervorhebungen von RA Michael Hilpüsch:

„Der Grundsatz, dass Entgeltklauseln, in denen ein Kreditinstitut einen Vergütungsanspruch für Tätigkeiten normiert, zu deren Erbringung es bereits gesetzlich oder aufgrund. einer selbständigen vertraglich Nebenpflicht verpflichtet ist oder die es vorwiegend im eigenen Interesse vornimmt, mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen nicht vereinbar sind, gilt auch im kaufmännischen Geschäftsverkehr.“

 Versäumnis-Teil- und Schlussurteil

Tenor:

[…] hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe auf die mündliche Verhandlung vom 16.01.2014 durch […] als Einzelrichter für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 38.814,47 € nebst 5 .% Zinsen über dem jeweiligen Basiszins auf 73.318,88 € vom 12.07.2013 bis zum 14.08.2013 und auf 38.814,47 € ab dem 15.08.2013 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 90 % und die Klägerin 10 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht Ansprüche aus einem Ratenkredit für einen Pkw geltend. Die beklagte GmbH erwarb bei der Firma K Autohaus GmbH & Co. KG in […] ein Fahrzeug der Marke BMW 530 d zu einem Kaufpreis von 79.800,00 €. Um den Kaufpreis für das Fahrzeug ausgleichen zu können, beantragte die Beklagte am 29. Juli 2011 bei der Klägerin ein Darlehn über 79.800,00 € zuzüglich einer Differenzabsicherung sowie einer Bearbeitungsgebühr von 2.397,24 €‚ entsprechend 3 % der Darlehenssumme. Der Gesamtdarlehensbetrag von 90.137,86€ war in 35 Raten 1.546,79 € und einer Rate über 36.000,00 € zu tilgen. Zu den Einzelheiten des Vertrages wird Bezug genommen auf die Anlage K 2. Nachdem die Beklagte mit den Ratenzahlungen ab April 2012 in Verzug geraten war, ließ die Klägerin durch Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 20. Juni 2012 die offenen Raten unter Kündigungsandrohung abmahnen. Nachdem es zu keinen weiteren Zahlungen gekommen war, kündigte die Beklagte durch Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 12. Juli 2012 den Darlehensvertrag, teilte nach ihrer Auffassung fällige Gesamtforderung von 77.889,96 € mit und verlangte die Herausgabe des Fahrzeuges. Das Fahrzeug wurde in der Folgezeit sichergestellt und unter dem 19.September 2012 für einen Betrag von 34.827,00€ verkauft. Mit der Klage macht die Klägerin, zunächst im Mahnverfahren, eine restliche Forderung von 44.080,49 € geltend nebst Zinsen und Rücklastkosten.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 44.080,49 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 19. September 2012 zu zahlen.

Die Beklagte ist säumig.

Zum weiteren Vorbringen wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Klägerin.

 Entscheidungsgründe:

Die Klage ist überwiegend begründet.

Soweit der Klage stattgegeben ist war die Beklagte auf Grund ihrer Säumnis auf der Grundlage des klägerischen Vortrags zu verurteilen.

Im Übrigen war die Klage abzuweisen (331 Abs. 2 ZPO) Der Klägerin steht nach Kündigung des Darlehensbetrages die restliche Darlehensvaluta in Höhe von 69.636,64 € sowie die weiteren Raten ab April2012 von insgesamt 6.187,16€ zu, allerdings gekürzt um die vereinbarte Darlehensgebühr von insgesamt 2.420,04 € einschließlich hierauf in Ansatz gebrachter Zinsen.

Denn hinsichtlich der Darlehensgebühr hat die Klägerin das Darlehen nicht ausgekehrt.

Die Verrechnung der auszuzahlenden Darlehensvaluta mit der Darlehensgebühr ist insoweit unwirksam. Denn die zugrunde liegende Vereinbarung ist unwirksam.

Die Vereinbarung einer Bearbeitungsgebühr im Darlehensvertrag einer Bank ist auch im Geschäftsverkehr mit Kaufleuten nach § 307 BGB unwirksam.

Die Bestimmung hinsichtlich der Bearbeitungsgebühr unterliegt der Kontrolle nach § 307 BGB. Die Bearbeitungsgebühr ist nicht Teil der Hauptleistung des Darlehensnehmers, sondern eine Preisnebenabrede, die gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegt. Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterliegen nur solche Bedingungen einer Inhaltskontrolle, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden.

Verlangt der Verwender ein Entgelt für eine Tätigkeit, die im Rechtssinne keine Leistung im Interesse des anderen Teils ist oder die nach dem Vertragsinhalt unentgeltlich zu erbringen ist, so unterliegt diese Klausel der Inhaltskontrolle (BGH NJW 98, 383; BGH NJW 05, 1275; Nobbe, WM 2008, 185, 186; OLG Bamberg v.‘ 04.08.201 0, Az: 3 U 78/10).

Gemäß § 488 Abs. 1 BGB ist die Hauptleistungspflicht eines Darlehensvertrags das Bereitstellen des vereinbarten Geldbetrags, welche mit der Entrichtung der vereinbarten Zinsen durch den Darlehensnehmer vergütet wird.

Damit unterliegen Zinsklauseln als Preishauptabreden nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.

Die von der Klägerin erhobene Bearbeitungsgebühr ist aber keine solche Zinszahlung.

Zwar existiert kein Rechtsgrundsatz, wonach der geschuldete Zins ausschließlich in Form von Raten zu begleichen ist (LG Berlin v. 23.02.2010, Az: 15 0 102/10). Jedoch liegt der entscheidende Unterschied darin, dass Zinsen sich laufzeitabhängig berechnen, während es sich bei einer Bearbeitungsgebühr um eine laufzeitunabhängige Einmalzahlung handelt (OLG Bamberg v. 04.08.2010, Az: 3 U 78/10 Urt. v. 21.4.09, XI ZR 55/08). Auch die Beachtung des § 6 PAngV, wonach mit dem Darlehen verbundene Einmalzahlungen bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses mit einzubeziehen sind, führt hier zu keiner anderen Bewertung. Die Vorschriften der PAngV normieren lediglich die Pflicht, im Sinne des Verbraucherschutzes sämtliche Kosten des Darlehensvertrags anzugeben.

Weitergehende Schlussfolgerungen, welche Positionen hier zur AGB-rechtlichen Preishauptabrede zu zählen sind, lassen sich der PAngV dagegen nicht entnehmen (OLG Bamberg v. 04.08.2010, Az: 3 U 78/10).

Mit der Erhebung einer Bearbeitungsgebühr verlangt die Klägerin hier vielmehr ein Entgelt für eine Tätigkeit, welche sie im eigenen Interesse vornimmt. Mit einer darlehensvertraglich vereinbarten Bearbeitungsgebühr sollen üblicherweise Kosten des allgemeinen Verwaltungsaufwands gedeckt werden. Dazu können Kosten für die Prüfung der Bonität und der Sicherheiten sowie die Kosten des Vertragsabschlusses zählen. Alle aufgezählten Tätigkeiten nimmt ein darlehengebendes Kreditinstitut aber nicht als Leistung für ihre Kunden vor, sondern zum Schutz ihrer eigenen Vermögensinteressen (OLG Düsseldorf v. 05.11.2009, Az: l-6U 17/09,6 U 17/09; Nobbe, WM 2008, 185, 193).

Soweit das OLG Celle (Beschluss v. ( 02.02.2010, Az: 3W 109/09) der Ansicht ist, die Prüfung von Bonität und Sicherheiten stelle zugleich eine Dienstleistung für den Kunden dar, so wirft das OLG Bamberg (Urteil v. 04.08.2010, Az: 3 U 78/1 0) zu Recht die Frage auf, welches Interesse ein Kunde mit ungünstiger Bonität an einer solchen Überprüfung haben könnte.

Die Tatsache, dass solche Prüfungen für einige Kunden den angenehmen Nebeneffekt von günstigeren Konditionen haben, machen sie noch nicht zu entgeltlichen Dienstleistungen, die auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbracht werden.

Die Bearbeitungsgebühr hält der materiellen Inhaltskontrolle nicht stand.

Ihre Erhebung im Rahmen des Formularvertrags ist wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass Entgeltklauseln, in denen ein Kreditinstitut einen Vergütungsanspruch für Tätigkeiten normiert, zu deren Erbringung es bereits gesetzlich oder aufgrund einer selbständigen vertraglich Nebenpflicht verpflichtet ist oder die es vorwiegend im eigenen Interesse vornimmt, mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen nicht vereinbar sind, da nach dem gesetzlichen Leitbild für‘ solche Tätigkeiten ein Entgelt nicht beansprucht werden kann (BGHZ 146, 377; BGHZ .180, 257, BGH, Urteil vom 22.Mai 2012— XI ZR 290/11 —‚ 6GHZ 193, 238- 260 ).

Insoweit führt die Einordnung der Bearbeitungsgebühr als Preisnebenabrede unmittelbar bereits zu ihrer Unwirksamkeit (so auch OLG Düsseldorf v., 05.1 1.2009, Az: 1-6 U 17/09, 6 U 17109).

Die Klausel ist auch deshalb unangemessen, weil sie der Bank ein zusätzliches Entgelt verschafft, das -anders als Zinsen- im Kündigungsfall der Bank verbleiben würde.

Gründe, welche die Bearbeitungsgebühr ausnahmsweise als nicht unangemessen erscheinen lassen könnten, sind hier nicht ersichtlich.

Dies gilt auch im kaufmännischen Geschäftsverkehr.

Die in § 307 1 enthaltene Generalklausel wird in Abs. II durch Angabe typischer rechtlicher Kriterien, die gewöhnlich auf das Fehlen eines angemessenen Interessenausgleichs hinweisen, ausgefüllt. Wenn die Voraussetzungen des Abs. II erfüllt sind, wird die Unwirksamkeit der AGB Bestimmung vermutet (,‚im Zweifel“).

Für die lnhaltskontrolle von AGB, die ggü. einem Unternehmer verwendet werden, gelten nach § 310 1 Einschränkungen.

Hier findet eine Inhaltskontrolle nur nach § 307 statt (Roloff in: Erman BGB,. Kommentar, 307 BGB; Palandt-Grüneberg, BGB 71 .A., § 307 BGB Rn 38ff.).

Der Grundsatz, dass Entgeltklauseln, in denen ein Kreditinstitut einen Vergütungsanspruch für Tätigkeiten normiert, zu deren Erbringung es bereits gesetzlich oder aufgrund. einer selbständigen vertraglich Nebenpflicht verpflichtet ist oder die es vorwiegend im eigenen Interesse vornimmt, mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen nicht vereinbar sind, gilt auch im kaufmännischen Geschäftsverkehr.

Soweit die Klägerin meint, aus den von ihr zitierten Urteile des LG Düsseldorf und LG Frankfurt, die die Verwendung der Klausel. untersagen und ausdrücklich Verträge mit einem Unternehmer ausnehmen, so vermag das Gericht sich dem nicht anzuschließen.

Vielmehr beruht diese ,Einschränkung allein auf der diesbezüglichen Einschränkung des Streitgegenstandes im Klauselanfechtungsverfahren.

[…]

Die weiteren Zinsanspruche ergeben sich aus § 286, 288 BGB, die Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 92, 708 Ziff. 1 ZPO.

 

Es grüßt Sie, Ihr

Michael Hilpüsch
-Rechtsanwalt –

awoka versicherungsblog
kanzlei@awoka.de
www.awoka.de

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