LG Düsseldorf: PKV-Tarifwechsel nach § 204 VVG ohne Gewerbeerlaubnis ist wettbewerbswidrig


Wettbewerbsrecht: PKV-Tarifwechsel nach § 204 VVG ohne Gewerbeerlaubnis ist wettbewerbswidrig

PKV-Tarifwechsel – trau schau wem

Der Tarifwechsel in der privaten Krankenversicherung nach § 204 VVG ist ganz eindeutig „in“. Dementsprechend ist die Zahl der Anbieter, die dem Kunden in einem solchen Fall unter die Arme (böse Zungen behaupten: „Vor allem ins Portemonnaie“) greifen wollen, gestiegen. Dabei wird schon mal übersehen, dass nicht jeder an einem solchen Tarifwechsel mitwirken darf. Voraussetzung ist nämlich entweder eine Erlaubnis als Versicherungsmakler oder Versicherungsberater. Diese Erlaubnis hatte ein Anbieter aus der Nähe von Düsseldorf allerdings nicht für nötig gehalten und ohne eine der genannten Erlaubnisse ganz gezielt um Kundschaft für einen PKV-Tarifwechsel auf seiner Homepage geworben und potentiele Kunden kontaktiert.

Anbieten von Tarifwechsel ohne Erlaubnis ist wettbewerbswidrig

Nachdem auf eine außergerichtliche wettbewerbsrechtliche Abmahnung keine Reaktion erfolgte, erließ das Landgericht Düsseldorf – Az. 37 O 87/15 – mit Beschluss vom 29.9.2015 eine einstweilige Verfügung:

„Der Beklagte wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von 5,00 EUR bis zu einer Höhe von 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, verurteilt es zu unterlassen, zu Zwecken des Wettbewerbs ohne die erforderliche Erlaubnis nach § 34d Abs. l Satz 1 GewO den Abschluss von Versicherungsverträgen als Versicherungsmakler zu vermitteln oder nach § 34e Abs. 1 Satz 1 GewO über Versicherungen zu beraten, insbesondere in beiden vorgenannten Fällen die Tarifoptimierung/den Tarifwechsel bei Privaten Krankenversicherungen nach § 204 VVG anzubieten und/oder durchzuführen.

Geschäftliches Handeln ohne eine vorgeschriebene Erlaubnis kann unter zwei rechtlichen Gesichtspunkten wettbewerbswidrig sein. Zum einen als irreführende geschäftliche Handlung durch Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG (Täuschung über die Zulassung), zum anderen als unlautere geschäftliche Handlung durch Zuwiderhandlung gegen eine Rechtsvorschrift gemäß § 3a UWG i.V.m. § 34d Abs. 1 GewO, § 34e Abs. 1 GewO 144 Abs. 1 Nr. 1 GewO (Vorsprung durch Rechtsbruch).

Kopf in den Sand stecken hilft nicht weiter

Nach der Zustellung einer einstweiligen Verfügung konnte sich der Verfügungsbeklagte überlegen, ob er die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung in der Form einer sog. „Abschlusserklärung“ anerkennen wollte. Macht er das binnen zwei Wochen, entstehen auch keine weiteren Kosten. Die Sache ist dann abgeschlossen, er muss sich natürlich an die einstweilige Verfügung halten, sonst droht ein gerichtliches Ordnungsgeld.

Im vorliegenden Fall verstrich die 2-Wochen-Frist jedoch ungenutzt, so dass der Verfügungsbeklagte mit einem – kostenauslösenden – sog. Abschlussschreiben zur Abgabe der Abschlusserkärung aufgefordert wurde. Wieder erfolgte keine Reaktion, auch auf eine weitere Erinnerung hin nicht.

Es drohte nun auch die Verjährung des wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs nach 6 Monaten (§ 11 UWG), weswegen als nächster Schritt die sog. Hauptsacheklage erhoben werden musste, wodurch weitere Kosten entstanden, zumal der Beklagten nun auch einen Rechtsanwalt beauftragte, um auf die erhobenen Vorwürfe zu erwidern.

Anerkenntsnis kurz vor dem Termin

Es wurde Verhandlungstermin anberaumt, Reisepläne geschmiedet und Fahrkarten gekauft. Pünktlich zwei Tage vor der Verhandlung kam dann die Aufhebung des Termins, weil der Beklagte den Anspruch nun doch anerkannt hatte.

Das Landgericht Düsseldorf – Az. 38 O 36/16 – hat dann am 22.7.2016 im Wege des Anerkenntnisurteils entschieden:

„Der Beklagte wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von 5,00 EUR bis zu einer Höhe von 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, verurteilt, es zu unterlassen, zu Zwecken des Wettbewerbs ohne die erforderliche Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 Satz 1 GewO den Abschluss von Versicherungsverträgen als Versicherungsmakler zu vermitteln oder nach § 34e Abs. 1 Satz 1 GewO über Versicherungen zu beraten, insbesondere in beiden vorgenannten Fällen die Tarifoptimierung/den Tarifwechsel bei privaten Krankenversicherungen nach § 204 VVG anzubieten und/oder durchzuführen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar“

Dieses Ergebnis wäre auch preiswerter zu erreichen gewesen

Abgesehen von diesen beiden Verfahren vor dem Landgericht, mussten die zu erstattenden außergerichtlichen Kosten der Abmahnung ebenfalls gerichtlich im Mahnbescheidsverfahren geltend gemacht und nachgehend vollstreckt werden. So haben sich die Gesamtkosten für den Beklagten von anfänglich rund 900,00 EUR auf rund 4.500,00 EUR erhöht. Durch Abgabe der Unterlassungserklärung hätte der Beklagte die Verfünffachung der Kosten vermeiden können. Aber er wurde wohl zu spät anwaltlich beraten.

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